Sonntag, 27. Februar 2011

Rückfahrkarte

Ich bin gerade eben aus Berlin zurückgekehrt, wo ich über eine Woche lang unter anderem sehr viel Bahn gefahren bin, wie das in Berlin nicht ausbleibt. Diese Stadt ist ja in erster Linie ein riesiges Knäuel aus Gleisen, um die herum ein paar Häuser angeordnet sind...

Bald gibt es auch wieder ein neues Prellblog! Versprochen!

Sonntag, 6. Februar 2011

150: Schwarze Punkte

Am 30. Januar sind bei Hordorf auf der Strecke von Magdeburg nach Thale ein Nahverkehrszug und ein Güterzug frontal zusammengestoßen. Zehn Menschen sind dadurch gestorben, 43 weitere wurden verletzt.
Ursache des Unfalls war das Einfahren des genannten Güterzuges in einen eingleisigen Streckenabschnitt, obwohl ein Signal dies verbot (siehe auch Prellblog 52). Warum das Signal überfahren wurde, ist noch nicht geklärt. Der Unfall hätte höchstwahrscheinlich verhindert werden können, wäre die Strecke mit so genannter Punktförmiger Zugbeeinflussung (PZB) ausgerüstet gewesen, einem seit gut 75 Jahren eingesetzten, bewährten und kontinuierlich verbesserten System zur Übertragung von Signalstellungen. Dieses beruht darauf, dass an jedem Triebfahrzeug ein flaches Teil mit drei eingebauten elektrischen Schwingspulen, die mit unterschiedlichen Frequenzen versorgt werden, tief neben der rechten Fahrzeugseite hängt. Am Gleis gibt es ebenfalls flache Bauteile neben der rechten Schiene, die Schwingkreise enthalten, die ferngesteuert kurzgeschlossen werden können. Wenn ein Schwingkreis von den Spulen am Fahrzeug überfahren wird, ohne kurzgeschlossen zu sein, wird der daraus resultierende Impuls in der Fahrzeugspule mit der entsprechenden Frequenz von einem Bordgerät (heute natürlich ein Computer) erkannt.
Die drei verschiedenen Nachrichten, die dieses System an einen Zug senden kann, beinhalten alle entweder eine sofortige Zwangsbremsung oder eine bedingte Zwangsbremsung, wenn bestimmte Zusatzbedingungen (Bestätigungstaste drücken, durch Bremsen unterhalb einer bestimmten Geschwindigkeitskurve bleiben) nicht erfüllt werden. Hätte es vor Hordorf einen solchen Beeinflussungspunkt gegeben, wäre der Güterzug zwangsweise zum Stehen gebracht worden.

Die Meinungsartikel der Presse dazu zu lesen, dass die Strecke Magdeburg-Thale erst bei dem (unmittelbar bevorstehenden) Ausbau auf eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h mit Zugbeeinflussung ausgestattet werden sollte, dass mithin viele Strecken, auch Hauptstrecken, in den neuen Bundesländern über 20 Jahre nach der Wiedervereinigung und über 15 Jahre nach der Bahnreform nach wie vor ohne PZB sind, habe ich mir erspart. Daran, dass nach geltendem Recht bei bestimmten Einschränkungen (zum Beispiel keine Geschwindigkeiten über 100 km/h) auch Strecken ohne PZB normenkonform sind und die Eisenbahn so oder so sicherer ist als die allermeisten anderen Verkehrsträger, beißt die Maus keinen Faden ab. Die Spekulationen darüber, ob eingleisige Strecken überhaupt sicher sein können oder vielleicht sogar alle miteinander verboten gehören, lese ich natürlich erst recht nicht, genauso wenig wie die vielen Versuche, das Unglück für die Kritik an der deutschen Verkehrspolitik, der Unternehmenspolitik der DB oder am besten gleich an Stuttgart 21 zu funktionalisieren. (Übrigens war keiner der beiden kollidierten Züge ein DB-Zug.) Dass die Nachrüstung verbleibender Strecken mit PZB eventuell jetzt en bloc erfolgt statt sukzessive bei ihrer Sanierung, ist eine gute Idee, aber dass dies bisher nicht früher erfolgt ist, ist kein Skandal, für den Köpfe rollen müssen.

Ich bin traurig - nicht wütend, nicht resigniert, sondern traurig. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen, und meine Hochachtung gilt den HelferInnen und Rettungskräften, überhaupt all jenen, die es geschafft haben, mit dem furchtbaren Erlebnis, in einem weitgehend zerstörten Zug Verletzte zu retten und Leichen zu bergen, zurechtzukommen.

Bild: »WHell« bei Wikimedia Commons (Details und Lizenz)