121: Radlos glücklich
An modernen elektrischen Schienenfahrzeugen bewegt sich nicht viel. Wenn so ein achtzig Tonnen schweres Ungetüm an- oder vorbeifährt, hört man nur das Rauschen der Ventilatoren, die die Fahrmotoren kühlen, aber außen tut sich nichts. Das macht für mich die Faszination dieser Glattblechkisten aus: Die Energie kommt elegant und ohne großes Getue aus dem Draht an die Räder. Zwischendrin ein Trafo und etwas Leistungselektronik und ein paar Motoren.
Ein bisschen unschön ist nur das, was zwischen Motoren und Radsätzen steht.
Da das Drehmoment der heute im Allgemeinen verwendeten Drehstrom-Asynchronmotoren nicht ausreicht, um ohne Untersetzung die Räder anzutreiben, benötigt man ein Zahnradgetriebe zwischen Motorwelle und Achswelle. Unter anderem deswegen ist es notwendig, den Antriebsstrang in gewissem Maße flexibel zu machen, denn ein starr im Fahrwerksrahmen montierter Motor kann schlecht präzise eine Welle antreiben, die auf dem nie ganz ebenen Gleis auf und ab holpert. Bei einfachen Konstruktionen »reitet« dazu der Motor auf der Welle (so genannter Tatzlager-Antrieb wegen der Tatzen, die sich auf die Welle stützen), bei komplizierteren wirkt das Getriebe auf eine Hohlwelle um die eigentliche Achswelle herum, die über Gummifedern an den Radsätzen angreift. In Technikmuseen findet man noch verwegenere Bauarten.
Die Getriebe müssen geschmiert werden, die Federn können brechen - alles Abschaffungskandidaten also, rein im Sinne der technischen Eleganz gesehen.
Und man ist tatsächlich dabei. Unter dem Namen »Syntegra« baut Siemens ein Triebdrehgestell, das die relativ dünnen, rohrförmigen Motorwicklungen unmittelbar auf der Radsatzwelle aufsetzt. Motorlager und Radsatzlager sind dasselbe, die ganze Geschichte ist staubdicht gekapselt und wird in einen relativ einfach gebauten Drehgestellrahmen paarweise einhängt. Keine Zahnräder mehr, keine Ölbäder mehr, keine Gummifedern mehr.
Machbar ist das unter anderem, weil die Rotorpole dieser Motoren als Dauermagneten in speziellen High-Tech-Materialien statt als Elektromagneten ausgeführt sind. Das Ganze nennt sich »Permasyn«-Motor, für permanentmagneterregte Synchronmaschine, und ist meines Wissens ein Technologietransfer aus dem U-Boot-Bau. Durch eine besonders gefinkelte Auswertung der Motorspannung lässt sich bei diesen Motoren auch die Winkelstellung der Achswelle messen, ohne eigene Sensoren vorsehen zu müssen, womit Schleuderschutz (quasi ASR) und Gleitschutz (quasi ABS) rein softwaremäßig implementiert werden können.
Besonders leicht und energieeffizient soll dieser Antrieb auch noch sein, und durch das hohe erreichbare Drehmoment wird eine konventionelle Reibungsbremse nur noch als Feststell- und Sicherheitsbremse benötigt. Implementiert wird diese übrigens als elektronisch gesteuerte Keilbremse, eine Technik, die bald auch im Automobilbau Einzug halten soll; hierbei werden keine Bremsbeläge mehr mit großer Kraft quer angepresst, sondern durch seitliches Verschieben von wellenförmigen Elementen gegeneinander wird eine selbstverstärkende Klemmung erzeugt, die durch elektronische Regelung genau beherrschbar ist.
Viel Neues also. Das Syntegra-Fahrwerk wird derzeit in einem Münchner U-Bahn-Zug getestet und scheint auch den Metro-Markt als erste Zielgruppe anzupeilen. Sofern nicht der Teufel in irgend einem Detail stecken sollte, ist damit zu rechnen, dass sich diese Technik ziemlich schnell durchsetzt, und zwar nicht nur bei Siemens.
Bild: »pheanix300« bei Flickr (Details und Lizenz)
Ein bisschen unschön ist nur das, was zwischen Motoren und Radsätzen steht.
Da das Drehmoment der heute im Allgemeinen verwendeten Drehstrom-Asynchronmotoren nicht ausreicht, um ohne Untersetzung die Räder anzutreiben, benötigt man ein Zahnradgetriebe zwischen Motorwelle und Achswelle. Unter anderem deswegen ist es notwendig, den Antriebsstrang in gewissem Maße flexibel zu machen, denn ein starr im Fahrwerksrahmen montierter Motor kann schlecht präzise eine Welle antreiben, die auf dem nie ganz ebenen Gleis auf und ab holpert. Bei einfachen Konstruktionen »reitet« dazu der Motor auf der Welle (so genannter Tatzlager-Antrieb wegen der Tatzen, die sich auf die Welle stützen), bei komplizierteren wirkt das Getriebe auf eine Hohlwelle um die eigentliche Achswelle herum, die über Gummifedern an den Radsätzen angreift. In Technikmuseen findet man noch verwegenere Bauarten.
Die Getriebe müssen geschmiert werden, die Federn können brechen - alles Abschaffungskandidaten also, rein im Sinne der technischen Eleganz gesehen.
Und man ist tatsächlich dabei. Unter dem Namen »Syntegra« baut Siemens ein Triebdrehgestell, das die relativ dünnen, rohrförmigen Motorwicklungen unmittelbar auf der Radsatzwelle aufsetzt. Motorlager und Radsatzlager sind dasselbe, die ganze Geschichte ist staubdicht gekapselt und wird in einen relativ einfach gebauten Drehgestellrahmen paarweise einhängt. Keine Zahnräder mehr, keine Ölbäder mehr, keine Gummifedern mehr.
Machbar ist das unter anderem, weil die Rotorpole dieser Motoren als Dauermagneten in speziellen High-Tech-Materialien statt als Elektromagneten ausgeführt sind. Das Ganze nennt sich »Permasyn«-Motor, für permanentmagneterregte Synchronmaschine, und ist meines Wissens ein Technologietransfer aus dem U-Boot-Bau. Durch eine besonders gefinkelte Auswertung der Motorspannung lässt sich bei diesen Motoren auch die Winkelstellung der Achswelle messen, ohne eigene Sensoren vorsehen zu müssen, womit Schleuderschutz (quasi ASR) und Gleitschutz (quasi ABS) rein softwaremäßig implementiert werden können.
Besonders leicht und energieeffizient soll dieser Antrieb auch noch sein, und durch das hohe erreichbare Drehmoment wird eine konventionelle Reibungsbremse nur noch als Feststell- und Sicherheitsbremse benötigt. Implementiert wird diese übrigens als elektronisch gesteuerte Keilbremse, eine Technik, die bald auch im Automobilbau Einzug halten soll; hierbei werden keine Bremsbeläge mehr mit großer Kraft quer angepresst, sondern durch seitliches Verschieben von wellenförmigen Elementen gegeneinander wird eine selbstverstärkende Klemmung erzeugt, die durch elektronische Regelung genau beherrschbar ist.
Viel Neues also. Das Syntegra-Fahrwerk wird derzeit in einem Münchner U-Bahn-Zug getestet und scheint auch den Metro-Markt als erste Zielgruppe anzupeilen. Sofern nicht der Teufel in irgend einem Detail stecken sollte, ist damit zu rechnen, dass sich diese Technik ziemlich schnell durchsetzt, und zwar nicht nur bei Siemens.
Bild: »pheanix300« bei Flickr (Details und Lizenz)