Sonntag, 27. Juni 2010

131: Draußen rumpelt's

Wer sorgt für Ordnung im deutschen Bahnmarkt? Die Bundesregierung pflegt mit der DB ihren »nationalen Champion« und ist an wenig interessiert, was dieser nicht nutzt; die Regulierung ist mit Eisenbahn-Bundesamt und Bundesnetzagentur auf zwei Behörden verteilt, denen zumindest in Teilen gerne Überforderung nachgesagt wird; die Länder machen häufig Kirchturmpolitik und sind ansonsten mit der (sich im Großen und Ganzen ganz löblich vollziehenden) Weiterentwicklung des Nahverkehrs ausgelastet.
Die großen Treiber, was die Marktordnung bei der Eisenbahn angeht, sind daher die EU und die Gerichte, und in den letzten Tagen wurde das gleich zweifach bestätigt. Zunächst einmal hat die Europäische Kommission angekündigt, gegen Deutschland und zwölf weitere Länder ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof einzuleiten, weil dort die Trennung zwischen Netz und Betrieb nicht ausreichend umgesetzt wurde. In Deutschland macht DB Netz zwar nennenswerte Umsätze mit konzernfremden Eisenbahnen, aber die enge Verflechtung zwischen Netztochter und Konzernholding, die teils fragwürdige und schon mehrfach bemängelte Gestaltung der Trassentarife und das schon länger publike Ansinnen, aus DB Netz immer mehr Geld herauszuholen, alles begleitet von einer sehr zurückhaltenden Regulierung, stören das Bild vom liberalisierten Markt doch erheblich. Ob es überhaupt Aufgabe eines staatseigenen Eisenbahninfrastrukturunternehmens, das seine Erhaltungs- und Neubauinvestitionen zu großen Teilen direkt aus der Staatskasse bekommt, sein kann, Gewinne abzuliefern, ist bereits fragwürdig - zumindest solange es nicht machbar ist, kostendeckende Trassenpreise zu erheben, was aus gutem Grund kein relevanter Streckenbetreiber in Europa tut. Wenn dazu noch eine Diskriminierung neuer und kleiner Marktteilnehmer kommt, sei sie Absicht oder einfach in die Struktur des DB-Konzerns eingeschrieben, wird es umso schwieriger, die Verhältnisse zu rechtfertigen.

Passend dazu hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Fernbusverkehre parallel zu bestehenden Eisenbahnverkehren auch bereits dann eingerichtet werden können, wenn ein erheblicher Preisvorteil das einzige ist, was der Bus der Bahn auf dieser Verbindung voraus hat. Damit ist selbst ohne eine Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (siehe hierzu auch Prellblog 117) der Boden für einen potenziell erheblichen Ausbau von Fernbuslinien bereitet. Um die notwendigen Kampfpreise zu erreichen, wird ein im Rahmen dieser Entscheidung entstehendes deutsches Fernbussystem allerdings eher den Charakter des »Chinese Bus« als von Greyhounds haben, möchte ich vermuten. Die Entscheidung hat entsprechend auch schon ihre Kritikerinnen gefunden, und die Rufe nach einer Gesetzesnovelle werden durch sie eher lauter werden.

Was sonst noch von Interesse sein könnte: Die Vogelsbergbahn Gießen-Fulda wird für Geschwindigkeiten bis 120 km/h ausgebaut, um dort endlich einen Stundentakt hinzubekommen. Fahren wird dort dann die Hessische Landesbahn HLB. Ich halte das für eine der besten Eisenbahn-Nachrichten der letzten fünf bis zehn Jahre. Ebenfalls ausgebaut wird auch die Burgwaldbahn Marburg-Frankenberg, und die Hoffnung, dass das Teilstück nach Korbach irgendwann auch wieder eröffnet werden könnte, stirbt nach wie vor zuletzt.

Bild: Yusuke Toyoda bei Wikimedia Commons (Details und Lizenz)

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