Donnerstag, 24. Juli 2008

Stark eingeschränkter Betrieb

Zwar habe ich tatsächlich einen neuen Beitrag gebracht, der mir in den Fingern gejuckt hat, aber vor dem 21. August wird es wohl kein Prellblog mehr geben. Wer nett ist, drückt mir die Daumen für meine Magisterarbeit.

62: Ausgerechnet Italien!

Italien ist, soweit ich das beurteilen kann, in der öffentlichen Wahrnehmung kein großes Eisenbahnland. Was den allermeisten Leuten zu dem Thema allerhöchstens einfällt, ist, dass Mussolini angeblich dafür gesorgt hat, dass die Züge pünktlich fahren; das ist ungefähr so wahr wie die Behauptung, Hitler habe die Autobahn erfunden. Ganz ähnlich jedoch wie die Nazis die Autobahnen beanspruchte auch der italienische Faschimus etwas für sich, was bereits lange vor seiner Machtübernahme angeleiert worden war; in diesem Falle die vielleicht ersten modern trassierten Eisenbahn-Schnellfahrstrecken überhaupt. Schon 1913 begann der Bau der Linie Florenz-Bologna, die mit einem allein mehr als 18 Kilometer langen Basistunnel durch den Apennin und großzügigen Talbrücken das vorwegnahm, was beispielsweise in Deutschland erst ab 1978 Realität werden sollte. Der Bau dauerte 21 Jahre; in den 1930ern fuhren dann klimatisierte Elektrotriebzüge (siehe Bild), bei einem Rekordversuch wurde eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 165 km/h erzielt, die selbst für manche heutige Schnellstrecken noch ganz respektabel ist.

1976 nahm Italien dann das erste europäische Schnellfahrstrecken-Teilstück nach dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb (Frankreich kam erst fünf Jahre später). Dann kam zwar leider länger nichts mehr, aber seit einiger Zeit geht es wieder fleißig weiter, in den nächsten Jahren ist mit der Eröffnung von mehreren hundert Kilometern neuer Strecke und diversen riesigen Bahnhofsumgestaltungen zu rechnen. Dass einem, wenn man an Schnellverkehr denkt, normalerweise zuerst Frankreich, Japan und vielleicht noch Spanien einfallen, nicht aber Italien, ist insofern erklärbar - Italien hat stark und viel früher angefangen, ließ dann aber jahrzehntelang auch stark nach.

Was die Eisenbahn in Italien gerade derzeit so interessant macht, ist etwas, das vor einigen Monaten in den Fachblättern eher versteckt seinen Lauf nahm, als ein Unternehmen namens Nuovo Trasporto Viaggiatori (NTV) einen Auftrag über eine ganze Flotte von Hochgeschwindigkeitszügen ausschrieb. Mittlerweile hat sich herauskristallisiert, dass Alstom den Auftrag erhalten hat und 25 Stück seines neuesten Modells AGV liefern wird, das sich gerade auf einem Testring im tschechischen Velim warmläuft. Als »launch customer« wird NTV vermutlich einen dicken Rabatt auf den Listenpreis bekommen.
Zu meinem persönlichen Erstaunen hat das Ganze seinen Weg sogar in die Tagespresse gefunden. Der Grund ist unter anderem, dass NTV die Züge knallrot spritzen wird und eine Initiative der Chefs von unter anderem Ferrari und des Lederkonzerns Tod's ist. Öffentlichkeitstechnisch ist das natürlich traumhaft - da haben Journalisten eine Story zu erzählen über die italienischen Züge italienischer Firmenbosse im Rot italienischer Sportwagen, ausgestattet mit italienisch designten Sitzen aus italienischem Leder. Oder so ähnlich.

Das eigentlich Spannende ist dabei aber nicht, wie die Züge aussehen werden. (Ich persönlich bin zwar kein großer Fan des AGV-Kopfdesigns, das nach Aussage des Herstellers Assoziationen mit Kampfflugzeugen wecken soll, was es auch tatsächlich tut und was ich für ein öffentliches Verkehrsmittel für leicht daneben halte; das nur nebenbei.) Das Spannende ist, dass NTV kein Staatskonzern ist und im frisch liberalisierten italienischen Eisenbahnmarkt gegen die Hochgeschwindigkeitsangebote der Staatsbahntochter Trenitalia auf gleicher Strecke antreten wird. Das hat es in Europa in dieser Form noch nicht gegeben.
Da Neueinsteiger mit andersbunten Fahrzeugen und dem Nicht-(Ex-)Staatsbahn-Bonus grundsätzlich, selbst bei gleichbleibender Produktqualität, große Fahrgaststeigerungen erzielen, und zu vermuten ist, dass die NTV-Züge von Service und Fahrleistungen her zumindest dezent besser sein werden als die von Trenitalia, ist es keine unrealistische Prognose, anzunehmen, dass der Laden einigermaßen laufen wird. Das Land, wo es am ehesten Nachahmer geben könnte, wäre dann wohl tatsächlich Deutschland, auch wenn ich nicht genau weiß, auf welchen Verbindungen; und man liest die Tage, dass NTV bereits Verhandlungen mit der Deutschen Bahn führt, die wohl einzusteigen gedenkt (»if you can't beat them, join them«?).
Ich vermute, dass die Erfahrungen mit NTV auch den Ausschlag dafür geben könnten, ob die großen Rollmaterialvermieter wie Angel Trains ihr Angebot um Hochgeschwindigkeitszüge erweitern - oder eben nicht. Es bleibt spannend.

Bild: Firmenfoto Breda 1938 bei Wikipedia (vollständiges Foto, Details und Lizenz)

Samstag, 5. Juli 2008

Taktlücke reloaded

Das Prellblog ist wieder einmal unbestimmt verzögert, weil ich derzeit mit meiner Magisterarbeit zu tun habe und keine fertigen Artikel in Reserve liegen. Ich muss mir außerdem mal wieder ein paar zugkräftigere Themen ausdenken, mit den letzten Ausgaben war ich persönlich nicht so zufrieden.