Donnerstag, 9. Oktober 2008

68: Kontrolle ist besser

Jede Bahnfahrt beginnt entweder mit dem Kauf eines Fahrscheins oder dem Einstieg in den Zug. Der zweite Fall ist wesentlich häufiger als man meinen könnte: Alle Inhaber von Zeitkarten, deren extremste Ausprägung in Form der BahnCard 100 in Deutschland in letzter Zeit überraschend populär geworden ist, steigen einfach so ein, und natürlich auch alle, die eine Fahrkarte erst im Zug lösen.
Letzteres ist dabei oft von ungeahnten Hindernissen begleitet. Im Fernverkehr der Deutschen Bahn wird beim Nachlösen ein Zuschlag kassiert ("Bordpreis"), aber immerhin gibt es überhaupt noch Fahrkarten zu kaufen. Im Nahverkehr ist es mittlerweile sehr stark von der Region beziehungsweise vom Verkehrsverbund abhängig; in den meisten Gegenden gibt es gar keine Nachlösemöglichkeit, außer dort, wo in den Vertragsbedingungen des Bestellers verlangt ist. Meistens stehen dann Fahrscheinautomaten im Zug zur Verfügung, einige Verkehrsverträge sehen jedoch auch Kartenverkauf durch das Personal vor. Bei den privaten Fernverkehrsbetreibern werden meines Wissens auch problemlos Karten an Bord verkauft.

Es sind auch sehr bizarre Detaillösungen möglich. Die S-Bahn RheinNeckar hat qua Ausschreibung Fahrkartenautomaten in jedem Zug. Benutzt werden dürfen diese allerdings nur als Rückfallebene für den Fall, dass die Automaten im Bahnhof nicht mehr tun. (In diesem Fall erlassen einem übrigens auch die Zugbegleiter im Fernverkehr den Bordpreiszuschlag.) Generell versuchen die Verkehrsverbünde den Verkauf von Verbundfahrscheinen an Bord auch zu unterbinden, da es nicht in ihrem Interesse ist, Verkehr über die Verbundgrenze zu fördern. Das ist zwar logisch, aber auch traurig. Wer zum Beispiel eine Netzkarte für den RMV hat und mit dem durchgehenden RegionalExpress Frankfurt-Saarbrücken ins RNN-Gebiet fahren möchte, hat schlechte Karten.

Der Hauptgrund, den Bordverkauf zu verhindern, ist jedoch die Prävention des so genannten Graufahrens, das darin besteht, ohne Fahrschein in einen Zug einzusteigen und beim Nahen der Zugbegleiterin zu behaupten, man sei erst beim letzten Halt dazugekommen. Das passiert nicht selten und überall dort, wo weiterhin Nahverkehrsfahrkarten auf Kulanzbasis im Zug verkauft werden, ist es immer noch oft zu beobachten.
Letztlich ist der unbestreitbar immense Komfortgewinn durch Fahrscheinverkauf im Zug nur zu realisieren, wenn die Kontrolldichte auch ausreicht. Ein Zugbegleiter bei nahezu jeder Fahrt ist unabdingbar; es ist insofern auch keine Überraschung, dass dies bei immer mehr Ausschreibungen gefordert wird.

Eine gute Frage noch zuletzt: Wie merkt sich das Zugpersonal eigentlich, wo im Zug jemand neu eingestiegen ist und noch die Fahrkarte vorzeigen muss?
Angeblich ist das Betriebsgeheimnis. Ich vermute einfach, durch Erfahrung; man kann sich so ein Wagenbesetzung wohl irgendwann visuell einprägen.

Bild: Edward Betts bei Wikimedia Commons (Details und Rechtefreigabe)

1 Kommentar:

Jo hat gesagt…

Darf ich an dieser Stelle mal anmerken, dass es schön ist, dass du wieder mit einer gewissen Regelmäßigkeit bloggst? Weiter so!
hth ~ Jo